Donnerstag, 5. November 2009
der Schwarze Mann
Der Schwarze Mann

Das Zimmer lag im Dunkel der Nacht. Verlassen fielen silbrige Lichtstrahlen durch das einzige Fenster des kleinen Raumes und spielten verträumt auf Bildern oder Plüschtieren. Schatten tanzten, langsam kreisend, flackernde Reigen um Bilderbücher und dünnlippige Puppen die unbeteiligt über den ruhigen Schlaf ihrer Besitzerin wachten. Der leise, ruhige Atem war die Melodie zu der sich die dicken Wolken langsam, am weißen Mond vorbeischoben. Puppenköpfe, mit goldenen Locken gerahmt, schienen weiß zu leuchten und ließen so den Blick, den die kleinen Geschöpfe aus den makellos ebenförmigen Gesichtern warfen, stechend eisig wirken.
Das Mädchen, dass so friedlich geschlafen hatte, erwacht langsam aus ihren schweren Träumen, denn aus einer Ecke des Zimmers war eine Spieluhr zu hören. Leise und kalt glitten die klaren Töne an ihr Ohr, während kühl ein Windhauch ihr langes Haar durchfuhr.
Mit verschlafenen Augen blickte sie auf, denn noch nie in ihrem junge Leben hatte sie diese Melodie gehört, und das Fenster, sie war sich ganz sicher, hatte sie auch vor dem einschlafen geschlossen.
Die Melodie schwoll an, erfüllte den Raum gänzlich mit ihren melancholischen Tönen, die so bleiern in der Luft hingen und jedes andere Geräusch unter sich zu begraben schienen. Ihr Blick viel auf ihren Wandschrank um den sich die Dunkelheit ballte, und eine für das Auge undurchdringliche Wand zu schaffen.
Langsam und unendlich leise schob sich die dünne Tür auf, zuerst, so dachte sie, hätte sich die Tür von allein bewegt, doch als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte sie die Siluette eines Menschen. Doch verbarg sich hinter dem Umriss nichts. Er schien einzig aus wirbelnden Schatten zu bestehen, immer in Bewegung und doch in einem schier unendlichem Stillstand verharrend. Wo bei einem Mensch Mund und Augen saßen, war bei dieser Gestallt einfach nichts, durch seine leeren Augenhöhlen konnte man genau wie durch seinen traurig lächelnden Mund den dunklen Schrank sehen.
Langsam schwingend kam der Schatten auf sie zu. Seine Schritte waren so leicht, dass sie glaubte, schon ein kleiner Windstoß könnte in davonwehen.
Mit vor Schreck geweiteten Augen zog sie ihre weiche, Decke bis an ihr Kinn und hoffte dass er sie nicht bemerken würde.
Unbegreiflich langsam setzte er sich zu ihr auf die Bettkante, sah sie mit seinen leeren Augen an, und begann zu der Melodie der Spieluhr zu singen.
Die tiefe Stimme die von keinem festen Ort zu kommen schien wog sacht im Raum hin und her. Langsam Wuchsen die Schatten und die Augen des Mädchens fielen träge zu.
Schwere Lieder schlossen sich, und der schwarze Mann sang weiter . . .
Bis die Sonne aufging sang er für sie.

crrated for my angel by Insa's Demon

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Mittwoch, 4. November 2009
zukunft von Lykaon
Zukunft


Zwei Haende schlossen sich zaertlich ineinander, zu einer sanften Melodie schienen sie über das Parkett zu schweben. Das leben ist herrlich. Felix sah voller Freude in die Zukunft, die sich in den wunderschoenen Augen seiner Verlobten spiegel­te. Verlobt waren sie nun seit zwei Wochen, das Mitgift war heute ausgehandelt worden, ein enormes Mitgift, denn Marias Vater gehörte zu den oberen hundert dieses Landes. Selbst wenn Felix kein Jurist, mit besten Empfehlungen und Zeugnissen, waere, haetten sie trotzdem, allein mit dem Mitgift bis an ihr beider Lebensende ausgesorgt. Aber dies sollte keine Hochzeit des Geldes wegen werden. Nein. Sie fand einzig und allein um ihrer Liebe willen statt. Im naechsten Frühling konnten sie bereits heiraten. Von Freude ergriffen fegten sie in schnellem Schritt zur, schneller werdenden Musik durch den Saal. Der kristallene Kronleuchter brach das Licht in war­men Farben, die es ihnen gleich zu tun schienen und über den Boden tanzten. Durch die hohen Bleiglasfenster konnte man sehen wie die Sonne langsam hinter der fernen Hügelkette ver­schwand.

Depes Stand auf. Von Kraempfen geschüttelt zwang er sich in den gesplitterten Spiegel zu se­hen, der eines seiner, nur noch, wenigen Moebel­stücke war, die er noch nicht zu Geld gemacht hatte. Was er sah erschreckte ihn nicht, er hatte es schon viel zu oft gesehen um noch irgendeine Regung darauf zu empfinden. Tatsaechlich war das einzige was sich in ihm regte der Schmerz. Er sah wieder in den Spiegel, eine abgemagerte Ge­stalt sah wieder auf ihn. Seine graue, pergament­artige Haut legte sich in Falten um seine knochi­gen Arme, um seine holen Wangen. Seine waess­rigen Augen starrten ausdruckslos ins Nichts. Seinen gesprungenen Lippen entrang sich ein trockener Hustenanfall. Durch seinen von Schmerzen gepeinigten Verstand hallte ein einzi­ger Gedanke.
„Ich brauch den naechsten Schuss. Ich muss mir unbedingt „Gottes weißen Schnee„ von der Oberschwester holen. Verdammt ich brauch das Zeug sonst krepier ich noch.“
Doch Depes hatte kein Geld und auch nichts was es wert waere verkauft zu werden. Er stand auf und griff nach dem Krug Wasser der auf dem Hocker unter dem Spiegel stand, doch ein Anfall warf ihn zu Boden, er lag einige Augenblicke zit­ternd und krampfend da. Als er wieder ohne Hil­fe stehen konnte lief er, so schnell es ihm mög­lich war, zum Kloster. Angekommen. Keuchend verlangte er nach Oberschwester Atiram. Es dau­erte eine Ewigkeit bis Atiram mit ihrem falschen Laecheln vor ihm stand. „Gib’ mir den Stoff Oberschwester.
Engelsgleich und melodisch gab Atiram ihre Ant­wort:
“Nein, mein Sohn. Du hast kein Geld mehr, hab ich nicht recht? Hoer mir gut zu, ich sage dir dies nur einmal, der Verlobte von Maria ist bei ihr. Er ist wohlhabend, ja; um nicht zu sagen vermoegend.“
Aus den Falten ihres Talars zog sieh einen lan­gen, geschwungenen Dolch, den sie Depes in die geoeffnete Hand legte und seine Finger darum schloss.

Beschwingten Schrittes verlies Felix das Haus sei­ner zukünftigen Schwiegereltern, was es für ein schoenes, herrschaftliches, warmes Haus war. Voller Freude blickte er in die Zukunft, erst kürz­lich hatte er seine Praxis eröffnet und nun stand ihm die Hochzeit mit seiner, seit langem schon, Angebeteten bevor. Vergnügt zündete er sich sei­ne schlanke Elfenbein Pfeife an. Tief sog er den Rauch des wohl aromatisierten Tabaks in die Lungen. Er schien wie auf Wolken zu gehen. Wie im Flug schien der Erlenwald an ihm vorbei zu ziehen. Der Mond war aufgegangen so dass er keine Laterne tragen musste. Mondstrahlen vie­len silbrig auf den Weg, warfen wunderbare Ge­maelde auf die uralten, gewundenen Baeume.

Hinter einen Baum gedrungen, wartete Depes auf den Mann der jeden Augenblick hier vorbei kommen musste. Zitternd hielt er den Dolch. Das kalte Mondlicht schien die Erlen zum leben zu erwecken. Grausam streckten sie ihre dürren knorrigen Aeste nach ihm aus, doch hatte Depes keine Angst denn er kannte diese Wahnvorstel­lungen. Nein, er zitterte wahrlich nicht aus Angst, denn wovor sollte er Angst haben? Atiram hatte ihm schon so oft eroeffnet dass er ein Kind Gottes sei, gesegnet und gesalbt mit Schnee. Ein dürrer Zweig brach.
Anspannung.
Warten auf den richtigen Moment.
Schweiß tropfte von sei­ner Stirn.
Noch ein kurzer Augenblick, bis er sei­nen Rücken sehen konnte.
Depes sprang mit er­hobenem Dolch hinter dem Baum hervor.
Eine Klinge durchschnitt die kalte Winterluft.
Ein kurzer Schrei hallte zwischen den Erlen wie­der.
Eine Zukunft….Zerstoert.

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